Es passiert nur selten, dass in einem etablierten Wohngebiet neue Gebäude entstehen. Genau das ist jedoch an dem eleganten und anmutigen Straßenzug Frederiksberg Allé in Kopenhagen passiert. Die historische Allee erinnert an die Pariser Architektur, zudem befinden sich hier viele Gebäude, die durch ihre architektonischen Details bestechen.
Dieses Projekt umfasst ein kulturelles und kulinarisches Zentrum, 30 Wohnungen sowie eine unterirdische Metrostation. Im Gebäude werden täglich etwa 10.000 Metropassagiere erwartet, die das Gebäude auf dem Weg von und zur Haltestelle durchqueren. Die Metro befindet sich 22 Meter unter dem Straßenniveau und verkehrt im 3-Minuten-Takt. Damit sich das Gebäude architektonisch in die Nachbarschaft einfügt, haben die Architekten vom Kopenhagener Büro Cobe ein Ensemble aus fünf Gebäude entworfen, die sich um einen Innenhof herum anordnen.
Turmbau über den Gleisen
Im offenen Erdgeschoss des Gebäudes befinden sich Aufzüge und Rolltreppen, die zur Metro hinabführen. Wegen der Lage des Gebäudes über der Metrostation müssen sich die Stützkonstruktionen auf beiden Seiten der Hauptgleise der Metrostation befinden. So entsteht eine Spanne von 18 Metern zwischen den Stützpfeilern, und ein Ausleger von 8 Metern ragt in Richtung Haupthalle heraus. Das komplette Gebäude ist mit Ziegeln bekleidet. So viel Mauerwerk machte eine einzigartige Stützlösung erforderlich. Ole Larsen war für alle Mauerarbeiten zuständig und erklärt die Vorgehensweise so:
„Normalerweise wird für das Mauerwerk ein Fundament angelegt. Das war hier aber nicht möglich, da sich unter dem Gebäude eine unterirdische Metrohaltestelle befindet. Deshalb haben wir mit einigen wenigen kräftigen Stützpfeilern und einer Stützwand gearbeitet, um das komplette Gebäude abzustützen – und um die Fassade mit Ziegeln zu verkleiden.“
„Wir haben speziell angefertigte Ziegelriemchen als Witterungsschutz verwendet. Auf dem höchsten Gebäude haben wir Ziegelriemchen auss dem Standard-Ziegel, welchen wir für das gesamte Projekt eingesetzt haben, zugeschnitten. Anschließend haben wir diese auf eine leichte und luftige Fassade aufgeklebt, um das Gewicht des Gebäudes zu reduzieren. Wir haben die Ziegelriemchen überall dort verwendet, wo wir nicht mit Ziegeln mauern konnten, damit das Gebäude als zusammenhängende Einheit erscheint und um abrupte Übergänge zu vermeiden, die durch unterschiedliche Baumaterialien entstehen. Was die Kosten betrifft, läuft es auf dasselbe hinaus wie bei einer Struktur mit einer schweren Ziegelfassade.“
Typische Frederiksberger Atmosphäre
Die Abfolge und Größe der Fenster wurde an die umliegenden Gebäude angepasst. Diese Strukturen finden sich auch im turmähnlichen Aussehen des Eckgebäudes wieder, das den Neubau mit der Architektur der Umgebung verbindet.
„Das gesamte Projekt ist von unterschiedlichen Höhen, Formen und Fassaden bestimmt. Es weist jedoch ein durchgängiges Element auf: Für die Gebäude wurde derselbe Ziegel von Randers Tegl, RT 554, verwendet, der ein besonderes Finish aufweist. Die Oberflächenbehandlung dieser Ziegel wurde speziell für dieses Projekt angefertigt. Sie entstand in enger Zusammenarbeit mit den Architekten der Gemeinde Frederiksberg, die die Ziegel ausgewählt hatten. Sie haben die Nuancen und die Oberflächenbehandlung für die von uns verwendeten Ziegel ausgewählt“, erklärt Ole Larsen.
Ein weiterer besonderer Ziegel, der für dieses Bauvorhaben verwendet worden ist, ist der Randers Tegl Ultima–Wasserstrichziegel. Ultima ist ein lineares Ziegelformat, das die doppelte Länge eines herkömmlichen Ziegels aufweist und dabei nur 38 Millimeter hoch ist. Diese einzigartigen Abmessungen vereinen ein traditionelles Material mit der Ästhetik des modernen Designs. Somit sind sie ideal für Projekte, bei denen Vergangenheit und Gegenwart miteinander verschmelzen sollen. Die Ultima–Ziegel können sowohl vertikal als auch horizontal verarbeitet werden. So entsteht ein charakteristisches Aussehen – wie bei diesem Projekt zu sehen ist.
Während die besonders langen Ultima–Ziegel neben Ziegeln von herkömmlicher Länge mit derselben Farbe verbaut werden, um einen subtilen, rhythmischen Kontrast zu erzeugen, zieht sich die Wasserstrich-Textur der Ziegel wie ein roter Faden durch das Projekt. Wasserstrich-Ziegel haben eine zarte Struktur, die dadurch entsteht, dass die Ziegel mit Hilfe von Wasser aus ihren Formen gelöst werden. Das Wasser und die Form an sich hinterlassen auf den Ziegeln ihre Abdrücke, so dass alle Ziegel leicht unterschiedlich aussehen. Die Ziegel sind glatt, aber ihre unauffällige Textur sorgt für ein interessantes Aussehen, vor allem auf größeren Flächen. Die vertikale Ausrichtung der Ultima-Ziegel im Gegensatz zu der horizontalen Verwendung von herkömmlichen Ziegeln ist ein raffiniertes Detail, das dieses Projekt zu einem der elegantesten neueren Projekte in Kopenhagen macht. Zwei Ziegel, die auf auffällige und besondere Weise miteinander verbunden sind.
Fünf unterschiedliche Mauerwerksverbände
Mauerwerksverbände und dazugehörige Stilarten variieren je nach Gebäudetyp stark. Diese Eigenschaft zeichnet ein Mauerwerk aus und macht es anpassbar. Die für dieses Projekt verwendeten Verbände sind Abwandlungen des traditionellen Frederiksberger Stils, der an einen althergebrachten dänischen Verband angelehnt ist. Das spezielle Muster besteht aus zwei ganzen und einem halben Ziegel. Neu hierbei ist jedoch, dass das Ende des halben Ziegels drei Zentimeter herausragt. So entstehen an den Fassaden Schatteneffekte, die ins Auge stechen und die Frederiksberg Allé architektonisch bereichern.
Wir haben einen gewöhnlichen Standardziegel verwendet, einen gesprenkelten Ziegel, einen schmaleren Ziegel und einen Ziegel im Flensburger Format. Wir haben ebenfalls eine Ziegelart verwendet, die dieselbe Höhe wie das Flensburger Format hat, aber einen halbben Meter lang ist. Wir haben drei Typen von Ziegeln verwendet, die auf dieselbe Art gebrannt worden sind und dieselbe Oberflächenbehandlung erhalten haben. Und wir haben fünf unterschiedliche Mauerwerksverbände verwendet- Ole Larsen
Die Maurer wurden von Anfang an einbezogen
Der koorperative Charakter des Projekts ermöglichte es dem Team, diesen einzigartigen und komplexen Ansatz für die Gebäudehülle reibungslos umzusetzen. Durch die von Anfang an enge Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung, Architekten und Bauunternehmer zogen alle an einem Strang. Dies ermöglichte einen Wissensaustausch, der für alle Parteien einzigartig war. Ole Larsen beschreibt die Zusammenarbeit folgendermaßen:
„Wir konnten diese Arbeit schnell und einfach durchführen, weil wir von Anfang an eng mit der Stadtverwaltung und den Architekten zusammengearbeitet haben und sich uns der Hintergrund des Projektes erschlossen hatte. Früher hatten Architekten und Bauunternehmer immer von Anfang an kooperiert. Das hat aber im Laufe der Zeit nachgelassen, was sehr schade ist. Die Tatsache, dass wir seit den Anfängen ins Projekt einbezogen worden sind, ist für uns neu. Es besteht aber kein Zweifel daran, dass wir uns gegenseitig geholfen haben.“
Eckdaten
Kulturelles und kulinarisches Zentrum mit Wohnungen, Ladengeschäften, Essensständen, Cafés und einer Metrostation im Kopenhagener Stadtteil Frederiksberg.
Fläche
3.500 m²
Entwicklung:
Union Holding und NRE Denmark
Architekten:
Cobe
Ingenierure:
Arne Elkjær Rådgivende Ingeniører (Beratender ingenieur)
Generalunternehmer:
NRE Denmark
Bauzeit:
2017 – 2019
Kosten:
Etwa 12 Mio. Euro